Ein Blick auf: Räuber der Nordsee

Daten zum Spiel

Erschienen bei

Schwerkraft Verlag   

Autor    

Shem Phillips   

Spieleranzahl            

2 bis 4
Altersempfehlung
ab 14 Jahre
Spieldauer            
60 bis 80 Minuten
Preis
ca. 45 Euro

Räuber der Nordsee vom Neuseeländischen Autor Shem Philips ist 2016 in Deutschland beim Schwerkraft Verlag erschienen. Die Illustrationen stammen von Mihajlo Dimitrievski. Es ist ein Strategiespiel für 2 bis 4 Personen mit einer Altersempfehlung ab 14 Jahren. Die Spieldauer beträgt etwa 60 bis 80 Minuten.

 

Es ist neben "Shipwrights of the North Sea" und "Explorers of the North Sea" der Dritte Teil einer Spiele-Trilogie und ist ursprünglich über die Crowdfunding-Plattform Kickstarter erschienen. Der Schwerkraft Verlag hat die Lokalisierung in Deutschland für Räuber der Nordsee übernommen und damit die deutsche Ausgabe auf den Markt gebracht. Die anderen beiden Titel der "Nordsee Trilogie" sind bisher leider nur in englischer Sprache erhältlich.

Worum geht es?

"Räuber der Nordsee spielt in den aktivsten Jahren der Wikingerzeit. Als Krieger versuchen die Spieler, ihren Häuptling zu beeindrucken, indem sie nahe gelegene Siedlungen überfallen. Die Spieler stellen dazu eine Mannschaft zusammen, häufen Proviant an und segeln dann nordwärts, um Gold, Eisen und Vieh zu erbeuten. In den Schlachten gibt es Ruhm und Ehre zu gewinnen, sogar durch den Todeskuss einer Walküre."

Spielaufbau

Der große Spielplan wird in  die Tischmitte gelegt. Jeder Spieler legt einen Marker seiner Farbe auf die Siegpunktleiste, auf die Rüstungsleiste und auf die Walkürenleiste.

 

Es gibt insgesamt 71 Dorfbewohner (Karten) die unterschiedliche sofortige oder dauerhafte Effekte mit sich bringen. Diese werden gemischt und als Nachziehstapel bereit gelegt.

Die Beute (Gold, Eisen,Vieh) und die Wallküren kommen in den Stoffbeutel. Dann wird für jedes Beutefeld die aufgedruckte Anzahl Marker zufällig aus dem Beutel gezogen und in das Beutefeld gelegt. Die übrige Beute wird neben das Spielbrett als allgemeiner Vorrat gelegt. So werden die Beute und die Wallküren vor jeder Partie schon mal anders verteilt, so dass jede Partie individuell aufgebaut ist.

Alle weißen und grauen Arbeiter kommen auf die entsprechenden Beutefelder. Diese werden beim Plündern eingesammelt. 3 Schwarze Arbeiter beginnen das Spiel bereits im Dorf links unten auf dem Spielplan.

 

Die 16 Darbringungsplättchen werden ebenfalls gemischt und bilden einen verdeckten Stapel. Die obersten drei Plättchen werden aufgedeckt und beim Langhaus im Dorf offen ausgelegt.

Das restliche Spielmaterial (Silbermünzen und Proviantmarker) kommen neben das Spielbrett zum allgemeinen Vorrat. Ebenso die Würfel.

 

Jetzt bekommt jeder Spieler noch 1 (schwarze) Arbeiterfigur und 2 Silbermünzen als Startkapital und zieht 5 Dorfbewohner-Karten auf die Hand von denen man sich 3 aussuchen darf. Und dann kann es auch schon losgehen!

Wie wird gespielt?

Wie beim Spielaufbau beschrieben stehen zu Beginn der Partie bereits 3 Arbeiter im Dorf auf dem Spielbrett und jeder Spieler hat 1 Arbeiter in seinem Vorrat. Räuber der Nordsee ist im Grunde ein klassisches Worker-Placement-Spiel. Das heisst, man setzt einen Arbeiter auf ein Feld ein und führt anschließend die dazugehörige Aktion aus.

 

Das besondere in diesem Spiel ist jedoch, dass man in jedem Zug genau 1 Arbeiter einsetzt und anschließend 1 (anderen) Arbeiter vom Spielplan wegnimmt. Beide Male führt man dadurch die entsprechende Ortsaktion aus. Sozusagen eine Worker-Placement und Worker-Displacement-Mechanik!

Der Startspieler setzt also seine Figur ein, führt die Aktion aus und nimmt anschließend eine der 3 Arbeiterfiguren, die bereits beim Spielaufbau ins Dorf gestellt wurden, vom Spielbrett und führt damit eine weitere Aktion aus. Wichtig ist immer die Reihenfolge! Also zuerst eine Figur einsetzen, dann eine Figur rausnehmen. Niemals umgekehrt!

 

Für den nachfolgenden Spieler ergibt sich dadurch natürlich eine ganz andere Konstellation auf dem Spielbrett. Er kann seine Figur nämlich jetzt nicht auf das gleiche Feld setzen wie zu Beginn der Startspieler, da der das Feld quasi blockiert hat, und muss sich also für eine andere Aktion entscheiden. Er kann aber anschließend die Figur, die der Startspieler zu Beginn eingesetzt hat mit seiner nächsten Aktion (Figur vom Brett entfernen) nehmen und die Aktion dadurch trotzdem ausführen.

 

Der Spieler ist also gezwungen erst mal eine andere Aktion auszuführen. Das kann durchaus ein taktisches Mittel sein, denn die Reihenfolge in der man die Aktionen ausführt ist später im Spiel sehr wichtig und unter Umständen entscheidend. Das macht diesen Mechanismus so interessant und hebt ihn von unzähligen anderen Worker-Placement-Spielen ab!

Das Dorf

Es gibt im Dorf acht unterschiedliche Orte auf denen man durch das Einsetzen und Entfernen von Arbeitern Aktionen ausführen kann. Teilweise unterscheiden sich die Aktionen auf demselben Ort sogar je nach dem welche Farbe (schwarz, weiß oder grau) der eingesetzte Arbeiter hat.

So erhält man beispielsweise in der Silberschmiede 3 Münzen wenn man einen schwarzen Arbeiter einsetzt. Setzt man einen weißen oder grauen Arbeiter ein erhält man nur 2 Münzen.

In der Mühle bringt ein schwarzer Arbeiter 1 Proviant, ein grauer 2. Für einen weißen Arbeiter kann man sich entscheiden zwischen 2 Proviant oder 1 Gold.

Im Torhaus spielt die Farbe keine Rolle. Hier erhält man einfach immer 2 Dorfbewohnerkarten vom Nachziehstapel.

 

Im Dorf holt man sich also Proviant, Silbermünzen oder Gold. Man zieht neue Karten auf die Hand und spielt diese aus um deren Sonderfähigkeiten zu nutzen, erhöht seine Rüstung (später wichtig beim plündern), heuert neue Mannschaftsmitglieder an oder macht eine Darbringung an den Häuptling um Siegpunkte zu erhalten.

Orte plündern

Nach dem wir uns im Dorf genügend Proviant besorgt haben und genügend Mannschaftsmitglieder angeheuert haben können wir unsere Wikinger auf Reise schicken und Orte plündern um wertvolle Beute zu machen. Jedes Beutefeld verlangt unterschiedliche Anforderungen. Zu Beginn sind diese Anforderungen noch relativ einfach zu erfüllen. Aber je weiter wir Richtung Norden reisen, desto höher werden die Abgaben die wir leisten müssen. So brauchen wir immer mehr und bessere Mannschaftsmitglieder, mehr Proviant und gegebenenfalls Gold um bestimmte Orte überhaupt plündern zu können. Diese bringen aber natürlich auch mehr Siegpunkte.

Um einen Ort zu plündern muss man die geforderten Anzahl von Crewmitgliedern vorweisen können und Proviant abgeben. Danach kann man die Beute (Gold, Eisen, Vieh und Wallküren) von dem Ort in seinen Vorrat nehmen.

 

Anschließend erhält man noch Siegpunkte. Auf manchen Feldern kommen hierbei noch die Würfel zum Einsatz. Denn manche Orte bringen unterschiedlich viele Siegpunkte, je nachdem wir hoch die eigene Stärke ist. Diese ergibt sich aus der Stärke der Mannschaft (jedes Mitglied hat einen Stärkewert), dem aktuellen Stand auf der Rüstungsleiste (die man im Dorf erhöhen kann) und dem Würfelergebnis. Man sollte sich also vorher gut überlegen ob man überhaupt genügend Stärke beisammen hat um (viele) Punkte abzuräumen. Die Würfel sind dabei aber nur ein kleiner Glücksfaktor, da man ja vorher durch die eigene Mannschaft und Rüstung schon weiß wie stark man aktuell ist. Im optimalen Fall hat man schon genügend Stärke und braucht die Würfel gar nicht mehr.

Die Walküren

Erhält man durch das Plündern eines Ortes ein oder mehrere Walküren (schwarze Totenköpfe) verliert man pro Wallküre ein Mannschaftsmitglied. Das hat natürlich den Nachteil, dass man anschließend im Dorf erst wieder neue Mitglieder anheuern muss. Aber die Walküren bringen am Ende des Spieles auch Siegpunkte. Denn pro Walküre die man nimmt, steigt man auf der Wallküren-Leiste ein Feld nach oben. Je weiter oben man ist, desto mehr Punkte bringt dies am Ende des Spieles. Diese Leiste hat 7 Stufen, das heisst man könnte bis zu 7 Walküren nehmen um auf der Leiste nach oben zu klettern. Man verliert dadurch zwar jedes Mal ein Crewmitglied, am Ende wäre dies aber satte 15 Siegpunkte wert.

Darbringungen an den Häuptling

Im Langhaus im Dorf kann man so genannte "Darbringungen" machen. Dafür braucht man die Beute die man durch die Plünderungen erhält. Es liegen immer drei Darbringungs-Plättchen aus, auf denen die geforderte Beute (Gold, Eisen, Vieh oder Silber) abgebildet ist. Durch Abgabe der Beute kann man ein Plättchen nehmen und man erhält am Spielende dafür Siegpunkte.

Ende des Spiels

Eine Partie Räuber der Nordsee kann auf drei unterschiedliche Weisen enden: Entweder wenn alle Wallküren vom Spielplan genommen wurden ODER wenn nur noch eine Festung zum Plündern übrig ist ODER der Stapel mit den Darbringungsplättchen ist leer. Sobald eine dieser Bedingungen eintrifft, beendet der aktuelle Spieler seinen Spielzug. Danach hat jeder Spieler noch einen letzten Spielzug.

Endwertung

Nach der letzten Runde bekommt man noch Siegpunkte für die gesammelten Wallküren, den Wert auf der Rüstungsleiste, die gesammelten Darbringsungsplättchen, übrige Beute und gegebenenfalls Mannschaftsmitglieder. Diese Punkte werden auf der Siegpunkteleiste zu den bereits im Spiel erreichten Punkten gezählt und am Ende gewinnt natürlich der Spieler mit den meisten Siegpunkten.

Meine Meinung zum Spiel

Wikinger-Spiele sind aktuell ziemlich angesagt und Räuber der Nordsee zählt definitiv mit zu den besten Spielen mit diesem Thema, die ich bisher gespielt habe.

 

Der Worker-Placement-Mechanismus in Räuber der Nordsee hebt sich von vielen anderen Spielen mit diesem Mechanismus ab. Die Mechanik mit dem Arbeiter einsetzen UND Arbeiter vom Spielplan rausnehmen bringt frischen Schwung in dieses Genre. Es funktioniert wunderbar, ist leicht verständlich und zugänglich, hat aber trotzdem genügend taktische Tiefe für Vielspieler.

 

Am Spielmaterial gibt es auch nichts zu meckern. Ich mag die Optik des Spielplans. Die Holzfiguren und Marker sind individuell gestaltet und sehen einfach toll aus. Besonders gut gefallen mir die Illustrationen der Karten. Die einzelnen Charaktere darauf sind schön gezeichnet und haben ihren ganz eigenen Charme. 

Das Beste sind aber die Metall-Münzen. Diese sind leider nicht in der Standart-Version (lediglich Papp-Plättchen) enthalten. Man kann diese “Luxus Ausgabe“ für ein paar Euro Aufpreis aber über die Internetseite des Schwerkraft Verlags bekommen. Natürlich sind diese Münzen nur ein Gimmick und ändern nichts am Spiel. Aber sie sehen einfach nur super aus und es macht Spass damit zu spielen!

 

Schön wären vielleicht noch Spieler-Tableaus gewesen, auf denen man seine Karten, Marker, Beute etc. ablegen kann. Natürlich ist dies auch nicht unbedingt notwendig aber es würde mir gefallen (PS: In der bald erscheinenden Erweiterung werden solche Tableaus enthalten sein!). Aber das Spiel ist auch so sehr gut ausgestattet und das Spielmaterial hat eine super Qualität.

 

Der gesamte Spielablauf ist sehr rund und ausbalanciert. Es funktioniert mit jeder Anzahl an Mitspielern gut. Es ist also auch ein gutes Zweispieler-Spiel. Dank der zufällig verteilten Beute zu Beginn verläuft auch jede Partie anders. Die Downtime hält sich in Grenzen, da man immer ein Auge auf die anderen Spieler haben sollte und eigentlich immer am überlegen ist was man als nächstes machen kann und will. Es gibt viele Möglichkeiten an Punkte zu kommen und Dank der vielen Karten auch viel zu entdecken.

 

Dem kleinen Schwerkraft Verlag ist es mit Räuber der Nordsee wirklich gelungen, eine kleine Brettspiel-Perle auf den deutschen Markt gebracht zu haben. In Sachen Anspruch würde ich es auf jeden Fall als Kennerspiel einordnen und zähle es in diesem Bereich zu meinen Highlights der vergangenen Monate. Ein Spiel, welches ich immer wieder gerne raushole!

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